
„Es drohen irreversible Langzeitschäden“
Schleimiger Husten über einen Zeitraum von mehr als vier Wochen? Nichts Ungewöhnliches bei Kindern, sollte man meinen. Und auch nichts, weswegen man sich Sorgen machen sollte? Doch, sagt Dr. Anne Schlegtendal, Oberärztin an der Universitätskinderklinik Bochum. Kinder, die an einer so genannten protrahierten bakteriellen Bronchitis (PBB) erkranken, müssten entsprechend behandelt werden. „Wenn sie nicht mindestens zwei Wochen lang Antibiotika bekommen, drohen Langzeitschäden – im schlimmsten Fall eine irreversible chronische Lungenschädigung.“
In einer jetzt veröffentlichten Studie („Long‐Term Pulmonary Sequelae 5–14 Years After Protracted Bacterial Bronchitis in Early Childhood“) konnten Doktoranden der Universitätskinderklinik nachweisen, dass ein deutlicher Anteil von Kindern und Jugendlichen, die eine PBB im Kleinkindalter hatten, über eine auffällige Lungenfunktion verfügt. „Wir haben insgesamt 200 Kinder mit PBB rückwirkend ausfindig gemacht und 63 von Ihnen fünf bis 14 Jahre später zu einer erneuten Untersuchung sowie zu einem Lungenfunktionstest in die Kinderklinik eingeladen“, berichtet Dr. Schlegtendal. „Darunter waren Kinder, die heute noch nachweislich dauerhaft husten.“ Betroffen seien nicht nur die Kinder, die nicht richtig behandelt worden seien: Man habe mit der Studie nachweisen können, dass es sogar trotz antibiotischer Therapie zu Langzeitschäden kommen könne. „Ein deutlicher Anteil der Kinder, die PBB im Kleinkindalter hatten, haben später eine auffällige Lungenfunktion“, warnt die Kinder-Pneumologin. „Leider ist die PBB unterdiagnostiziert, es gibt noch keine Leitlinie in Deutschland für die Behandlung und bisher auch keine Empfehlung, dass betroffene Kinder regelmäßige Nachuntersuchungen erhalten.“
Genau das wollen die Forscher um die Kinder-Pneumologin ändern. „Es geht uns darum, die Aufmerksamkeit mehr auf diese Erkrankung zu lenken, um somit die Kinder- und Jugendgesundheit zu stärken.“ Aus diesem Grund hat sich das Team mit der Idee eines digitalen Tools in Kinderarztpraxen beim Innovationsfonds des gemeinsamen Bundesausschusses zur Verbesserung der Versorgung von Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung beworben. „Unsere Idee ist es, mit einem digitalen Ampelsystem Kinder mit chronischem Husten und Risikofaktoren für Spätfolgen frühzeitiger zu identifizieren und zu behandeln.“, erklärt Dr. Schlegtendal. „Rot würde dann zum Beispiel bedeuten: Sofort in die Klinik.“