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Zwickmühle Corona-Warn-App

Ob die Corona-Warn-App zur Eindämmung der Pandemie beiträgt, hängt stark davon ab, dass sie sehr viele Menschen nutzen. Die Nutzung ist aber freiwillig, und viele zweifeln an der Sicherheit ihrer Daten oder sehen ihre persönliche Freiheit gefährdet. Eine Zwickmühle.

Die ethischen Aspekte der Nutzung solcher Livetracking-Apps analysiert die interdisziplinäre Forschungsgruppe Elisa – kurz für „The Ethics of Livetracking Applications in Connection with Sars-Cov-2“ – unter der Leitung von Dr. Joschka Haltaufderheide und Dr. Dennis Krämer von der Abteilung für Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Das Projekt wird seit Oktober 2020 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Viermal so viele Nutzer wären vonnöten

Die öffentliche Meinung zur vom Robert-Koch-Institut (RKI) in Zusammenarbeit mit SAP und der Deutschen Telekom entwickelten App ist in Deutschland nach wie vor geteilt: Die einen sehen in ihr eine Chance, die Pandemie zu kontrollieren und einzudämmen, die anderen sehen Risiken in puncto Datenschutz, Privatsphäre, Selbstbestimmung. Diese Skepsis spiegeln auch die Downloadzahlen wider: 19,3 Millionen Menschen haben die App heruntergeladen (Stand: 16.10.20, Quelle: RKI). Die Nutzung der App ist in Deutschland freiwillig; jedoch sind hohe Nutzerzahlen Voraussetzung für ihre Funktion. Laut Schätzung der Universität Oxford müssten 60 Prozent der Bevölkerung die App nutzen, damit sie einen substanziellen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten kann. Doch wie kann man das erreichen, ohne den selbstbestimmten Umgang des Einzelnen mit der App einzuschränken?

„Genau an dieses ethische Dilemma schließt unsere Forschungsfrage an“, so Joschka Haltaufderheide. „Welche Chancen und Risiken birgt die digitale Kontaktnachverfolgung, und wie können die Potenziale einer aufgeklärten und informierten Nutzung der Technik so ausgeschöpft werden, dass ein selbstbestimmter Umgang möglich wird und zugleich hohe Nutzungszahlen erreicht werden können?“

Sozialwissenschaftliches und philosophisches Teilprojekt

Ein sozialwissenschaftliches Teilprojekt erfasst mittels einer qualitativen Interviewstudie mit Expertisen aus verschiedenen Feldern wie IT, Medizin und Recht das heterogene Stimmungsbild zur Bewertung und Wahrnehmung von Livetracking-Applikationen im Zusammenhang mit Sars-Cov-2. Ein philosophisches Teilprojekt analysiert aus ethischer Perspektive die Zulässigkeit von Livetracking-Applikationen mit besonderem Augenmerk auf der informierten Zustimmung seitens der Anwenderinnen und Anwender. Auf dieser Grundlage wollen die Forscherinnen und Forscher im Anschluss Handlungsempfehlungen für den Umgang mit und die Weiterentwicklung von solchen Anwendungen aus ethischer Perspektive geben.