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Nicolas Plumeré (links) und Tobias Vöpel erhalten einen Proof of Concept Grant vom European Research Council. © RUB, Kramer und Marquard

Kontinuierliche Biomarker-Überwachung für die personalisierte Medizin

Kleinste Blutstropfen sollen Millionen von Datenpunkten für die Big-Data-Analyse in der personalisierten Medizin liefern. Um dieses Konzept auszubauen, fördert der Europäische Forschungsrat ein Bochumer Team.

Ähnlich wie der Blutzucker könnten verschiedene Biomarker künftig anhand von wenigen Tropfen Blut bestimmbar sein. Forscher der Ruhr-Universität Bochum entwickeln dazu einen Multianalyt-Teststreifen, der die kontinuierliche Messung verschiedener Parameter ermöglichen und so neue Potenziale in der personalisierten Medizin eröffnen soll. Kombiniert mit Big-Data-Analysen könnte die neue Messtechnik helfen, Gesundheitsprobleme früh zu erkennen oder Krankheitsverläufe besser zu prognostizieren. Für die Entwicklung des Teststreifens erhalten Prof. Dr. Nicolas Plumeré und Dr. Tobias Vöpel aus der Arbeitsgruppe Molekulare Nanostrukturen einen Proof of Concept Grant vom European Research Council (ERC), der mit 150.000 Euro dotiert ist. Das Projekt „Establishing continuous biomarker monitoring for Big Data in fitness and healthcare“, kurz E-Confidence, läuft für eineinhalb Jahre.

Präzise Analysen kalibrieren Wearables

„Unsere Vision ist es, kleinste Abweichungen im Biomarkerprofil registrieren und für die personalisierte Medizin verwenden zu können“, sagt Nicolas Plumeré. „Dazu soll unsere Technik nicht nur mit Big-Data-Analysen kombiniert werden, sondern auch mit schnell fortschreitenden Technologien wie Wearables, etwa Smart Watches oder Fitnesstrackern.“ Diese nicht-invasiven Sensortechniken wollen die Forscher mit minimal-invasiven Verfahren – also einer Blutabnahme aus der Fingerkuppe – kombinieren, um die Wearables zu kalibrieren und so eine kontinuierliche präzise Datenerfassung zu ermöglichen.

„Idealerweise könnte die Kombination dieser Techniken helfen, Gesundheitsprobleme sogar zu verhindern“, so Tobias Vöpel. „Wären die Sensoren beispielsweise mit dem Smartphone gekoppelt, könnte dieses den Träger oder die Trägerin rechtzeitig auffordern, zum Arzt zu gehen.“

Blutzucker- und Laktatmessung

Nicolas Plumeré und Tobias Vöpel wollen in dem ERC-Projekt Teststreifen für eine gemeinsame Messung von Blutzucker- und Laktatwert entwickeln. Außerdem wollen sie eruieren, für welche anderen Biomarker die Technik infrage kommen würde.

Die Laktatmessung ist nicht nur für Mediziner relevant, die damit den Gesundheitszustand ihrer Patienten besser abschätzen können, sondern auch für Sportler, die ihr Training optimal auf ihre individuellen Bedürfnisse anpassen wollen. „Durch unseren Multianalyt-Teststreifen wird es möglich sein, den Blutzucker- und den Laktatspiegel in einem winzigen Blutstropfen genau zu bestimmen, ohne dabei einen langwierigen Test im Labor durchführen zu müssen,“ erklärt Nicolas Plumeré.

Für die Blutzuckermessung haben Plumeré und Vöpel bereits im ERC Starting Grant „Redox Shields“ ein Verfahren entwickelt, das sie zum Patent angemeldet haben. Die Messung basiert auf sogenannten Oxidasen als Sensorenzymen, die jedoch durch Sauerstoff zerstört werden, was die Messungen ungenau macht. Mit der Technik von Tobias Vöpel und Nicolas Plumeré wird der störende Sauerstoff vom Teststreifen entfernt.

Spin-off für die Vermarktung

Die beiden Wissenschaftler planen auch eine Kooperation mit Partnern aus der Gesundheitsbranche, um herauszufinden, wie die mit ihrem Verfahren gewonnenen Daten helfen können, den Gesundheitszustand einer Person zu ermitteln.

Der Grant unterstützt die Forscher außerdem dabei, eine Marktanalyse durchzuführen, die neue Technik zu testen sowie einen Business-Plan für ein Spin-off-Unternehmen aufzustellen, das künftig die Vermarktung der Teststreifen übernehmen könnte.