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Prof. Dr. Georg Juckel ist Ärztlicher Direktor des LWL-Universitätsklinikums Bochum. Bild: LWL/Nikolaus Urban

Ein Modellprojekt macht die Runde – PINAH für Patient:innen aller Krankenkassen

Vor zehn Jahren startete im LWL-Universitätsklinikum Bochum für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin und Präventivmedizin ein Modellprojekt, das mit stationsungebundenen Behandlungsleistungen psychisch schwer erkrankten Patient:innen eine bedarfsgerechte und persönliche Versorgung ermöglichen sollte: PINAH (Psychiatrie integrativ aus einer Hand) steht bis heute für ein ganzheitliches Behandlungsmodell, das eine flexible Behandlung über alle Therapie- und Leistungsbereiche hinweg in vollem Umfang zuhause wie in der Klinik zulässt. Neu hinzugekommen sind unter anderem digitale Angebote sowie das individuelle Coaching in spezifischen Lebenslagen. Seit 2023 profitieren hiervon Patient:innen aller Krankenkassen in Westfalen-Lippe.

Ausschlaggebend für die Einführung von PINAH im Jahr 2014 waren die klinischen Erfahrungen, dass bei der Behandlung von Patient:innen mit komplexen und schwierigen psychischen Störungen, mit vermehrten Krisen und Rückfällen und daraus resultierenden häufigen Krankenhausaufenthalten eine modernere und individuell angepasste Versorgung notwendig wurde. „Im Sinne der Betroffenen und ihrer Angehörigen, aber auch für uns als Versorger, musste eine neue Perspektive geschaffen werden“, so der Ärztliche Direktor Prof. Dr. Georg Juckel. „Diese sehen wir in einer Behandlung mit Nähe. Das heißt, nah an den Bedürfnissen der Patient:innen, indem wir flexibel und angemessen auf den jeweiligen Zustand der Erkrankung eingehen. Das heißt aber auch, wenn eine Behandlung aus verschiedenen Gründen hier im Klinikum nicht möglich ist, leisten wir Hausbesuche oder stellen in Absprache mit dem Behandlungsteam bei Bedarf ein individuelles auf den Patienten oder die Patientin ausgerichtetes digitales Programm bereit.“ Stellvertretend für die Krankenkassen ergänzt Dirk Ruiss, Leiter der vdek-Landesvertretung NRW: „Seit nunmehr zehn Jahren ist das Modellprojekt PINAH ein Erfolg. Das Ziel, die Behandlungsqualität der Patient:innen zu verbessern, ist auch heute noch genauso aktuell. Was sich geändert hat, sind die Möglichkeiten digitale Angebote und das individuelle Coaching in spezifischen Lebenslagen auszuweiten. Dies ist eine sinnvolle Ergänzung des Versorgungsangebots.“

In der wohnortnahen häuslichen Behandlung („Home Treatment“) kann neben dem klinischen Psychiater oder der Psychologin demnach auch die Ergotherapeutin und die Pflegefachkraft nach Hause kommen, um Gespräche und Übungen durchzuführen.

Ob zuhause oder auf dem Klinikgelände – die Behandlung erfolgt genauso intensiv wie im stationären Rahmen und so lange, wie PINAH-Patient:innen sie zur Genesung brauchen. In jedem Fall behalten sie gemeinsam mit ihrem festen klinischen Behandlungsteam unter oberärztlicher Leitung die Möglichkeit, jederzeit in eine stationäre oder teilstationäre Behandlung zu wechseln, etwa bei psychischen Krisen und Verschlechterungen des Befindens.

Ziel einer erfolgreichen PINAH-Behandlung ist es, die stabilisierten Patient:innen an niedergelassene Ärzte, Ärztinnen und Therapeut:innen zu vermitteln und damit einen Übergang zu einer klassischen ambulanten Weiterversorgung zu schaffen. „PINAH ist die Verbindung zwischen dem Krankenhausaufenthalt und der ambulanten Versorgung. Durch mehr Flexibilität beim Einsatz unserer hochwertigen Behandlungsangebote werden wir voll- oder teilstationäre Aufenthalte künftig auf schwere Fälle beschränken und häufige Wiederaufnahmen vermeiden können“, ist Georg Juckel überzeugt.